top of page
AutorenbildGongan - Koans

Keine Abhängigkeit vom Staub

Eines Tages kamen die Schüler des Meisters Chányuè zusammen und baten ihn um Lebenshilfe.


Sie fragten: „Meister, wie sollen wir in dieser verwirrenden Welt leben und dennoch den Weg des Chan folgen?“


Der Meister lächelte sanft und sagte: „In der Welt leben, aber nicht abhängig sein vom Staub der Welt – das ist der Weg eines wahren Chan-Schülers.“


Die Schüler lauschten gespannt, und Chányuè fuhr fort: „Wenn du Zeuge der guten Tat eines anderen wirst, so ermutige dich selbst, seinem Beispiel zu folgen.

Wenn du hingegen Zeuge einer schlechten Tat wirst, so rate dir selbst, diesem Beispiel nicht zu folgen. Selbst wenn du allein in einem dunklen Raum bist, verhalte dich nicht anders, als befändest du dich vor den Augen eines hohen Gastes.“


Die Schüler nickten, und der Meister sprach weiter: „Drücke deine Gefühle aus, aber drücke nur so viel aus, wie es deiner wahren Natur entspricht.

Denke daran: Armut ist wie ein Schatz. Tausche sie niemals gegen ein leichtes Leben ein.

Ein Mensch mag wie ein Dummkopf erscheinen, doch das bedeutet nicht, dass er einer ist – vielleicht beschützt er nur seine Weisheit.“


Einer der Schüler fragte: „Meister, wie können wir Tugend in uns wachsen lassen?“


Chányuè antwortete: „Tugend ist die Frucht der Selbstdisziplin und fällt nicht einfach so vom Himmel wie Regen oder Schnee. Die Bescheidenheit ist die Grundlage aller Tugenden. Stelle dich deinen Nachbarn vor, bevor sie dich entdecken, und dränge dich nicht in den Vordergrund. Ein edles Herz spricht selten, doch seine Worte sind wie Edelsteine – selten, aber von grossem Wert.“


Ein anderer Schüler fragte: „Wie sollen wir mit dem Lauf der Zeit umgehen?“


Der Meister antwortete: „Für einen wahren Schüler ist jeder Tag ein guter Tag.

Die Zeit vergeht, aber ein solcher Schüler bleibt niemals hinter ihr zurück.

Weder Ruhm noch Schande können ihn bewegen. Tadle dich selbst und nicht die anderen. Diskutiere nicht über richtig oder falsch, denn manche Dinge werden über Generationen hinweg für falsch gehalten, obwohl sie richtig sind. Die Rechtschaffenheit wird auch erst nach vielen Jahren anerkannt werden, also besteht keine Notwendigkeit, sie zu beschleunigen oder sich nach sofortiger Anerkennung zu sehnen.“


Die Schüler waren tief beeindruckt und baten: „Meister, was ist das wichtigste Prinzip, nach dem wir leben sollen?“


Chányuè schloss die Augen und sprach leise: „Lebe mit Sinn und überlasse die Ergebnisse dem Gesetz des Universums.

So verbringe jeden Tag in tiefer, friedvoller Versenkung.“


Die Schüler verneigten sich und versenkten sich in der Meditation, erfüllt von der Weisheit ihres Meisters.


Wie der Klang einer Klangschale hallte seine Worte in ihnen nach.




1 Ansicht0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Die Nicht- Ente

Comentarios


bottom of page