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Daomonk
Michu – Tang Weizhen

Die frühen Jahre

Michu Schwindl, geboren im Jahr 1982 im Zeichen des Wasser-Hundes, zeigte schon in seiner Kindheit Interesse an den chinesischen Kampfkünsten. Inspiriert durch Filme von Jackie Chan, Jet Li und Sammo Hung sowie die Anime-Serie Dragonball, begann er bereits früh, sich mit Energiearbeit und Meditation auseinanderzusetzen. Als kleiner Junge schlich er sich in eine Judoschule und machte dort eine Weile mit, bis bemerkt wurde, dass er ja gar kein offizieller Schüler war.

In seiner Siedlung gab es drei Bereiche, in denen sich jeweils Kindergruppen bildeten, die sich regelmäßig bekriegten. Sie legten überall Tannenzapfenlager und sammelten Äste, um für jede Keilerei vorbereitet zu sein. Michu war Teil der mittleren Gruppe. Als der Kleinste in seiner Schulklasse musste er sich auch dort oft durchsetzen, da man gerne auf die Kleinen geht. Jedoch mussten einige schnell erkennen, dass das nicht die klügste Entscheidung war. Diese verrückte Zeit brachte ihm wichtige Lektionen über Freundschaft, Vertrauen und Wachsamkeit bei.

 

Mit etwa 12 Jahren machte Michu eine tiefgreifende Erfahrung. Aus einem banalen Grund – er durfte etwas nicht, was sein älterer Bruder durfte – zog er sich allein zu einer Klippe zurück und fragte sich: „Was hat das alles für einen Sinn?“ Dieser Gedanken führten ihn zu einer Art meditative Hinterfragung: „Existiert alles nur, weil ich selbst existiere?“ Schließlich löste sich alles auf, und er fiel in eine absolute Versenkung. Aus diesem Ereignis nahm er eine Meditationstechnik und eine klarere Sicht auf das Leben mit. Dies spornte ihn an, noch tiefer zu gehen. Sein Weg führte ihn weiter zum Buddhismus und schließlich zum Dao De Jing (Tao Te King) und damit auch zum Daoismus.

 

Mit 15 Jahren konnte Michu in einer Gärtnerei aushelfen, um sich seine Reise in die Welt des traditionellen Nord- und Süd-Shaolin Wushu zu finanzieren, die er schliesslich im Jahre 1998 begann. Nach der obligatorischen Schule begann er eine Lehre als Bäcker-Konditor und wohnte zum ersten Mal allein in einer kleinen Mansarde. Nach anderthalb Jahren musste er die Lehre jedoch aufgrund einer allergischen Reaktion abbrechen. Daraufhin arbeitete er als Allrounder im Migros-Supermarkt, verdiente gut und begann, Geld zu sparen.

Als die ursprüngliche Shaolin-Wushu-Schule umzog und er eine Ausbildung zum Klempner begann, setzte Michu seine Kampfkunst-Ausbildung mit Thai-Kickboxen fort, die er als Lehrling kostenlos besuchen konnte. Doch irgendetwas fehlte ihm noch.

 

Ein Treffen mit seinem alten Kollegen Lukas, der Wing Chun praktizierte, führte ihn zur SKEMA-Schule. Zudem lernte er mit Lukas zusammen energetisches Sehen und Energiearbeit. In der SKEMA begann Michu 2001 mit Wing Chun und Qi Gong, erweiterte sein Training nach einem Jahr um Yang Taijiquan und ein weiteres Jahr später um Eskrima (Kali). Auch in der Freizeit vertiefte er sein Wissen mit Drunken Boxing, Süd-Shaolin und Baguazhang. Michu konnte sogar bei der SKEMA als Trainer fungieren und beim Unterrichten helfen.

 

Nach seiner Klempnerausbildung arbeitete er als Temporärarbeiter, meist als Klempner, war jedoch auch in anderen Bereichen wie Lüftungsbau und Fassadenbau tätig. Dabei lernte er auch eine wichtige Lebenslektion: Er arbeitete unter einem der schlimmsten Vorarbeiter, der ihn wie Abschaum behandelte. Doch durch die Kampfkunst bewahrte er Ruhe. Selbst wenn der Vorarbeiter ihn beschimpfte, er würde das Werkzeug nicht wegräumen, nur um ihn gleich darauf zu fragen, warum er so dumm sei und das Werkzeug weggepackt habe, doch blieb Michu gelassen. Er erkannte, dass dieser Mensch offenbar ein schwieriges Leben hatte, und Michu übte sich so in Geduld und Mitgefühl. Diese Erfahrung lehrte ihn, dass hinter Gehässigkeit oft ein Grund steckt und dass man mit Barmherzigkeit vielleicht helfen kann.

Zudem absolvierte Michu in dieser Zeit die Grundausbildung im Militär als Panzerfaust-Füsilier, wechselte jedoch bald zum Truppenkoch, da er die Gewaltverherrlichung und Primitivität der Kriegsfanatiker ablehnte. Die Erlebnisse im Militär – Jemand verstarb, ein anderer verlor sein Bein, viele brachen zusammen – zeigten ihm, was es bedeutet, für sich und andere einzustehen. Auch wenn dies mit Gefängnis bedroht wurde, konnte ihn niemand davon abhalten, aufzustehen, das Wort zu ergreifen, für jene zu sprechen, die es nicht wagten oder nicht konnten und die Missstände beim Namen zu nennen.

Der Beginn der Reise

Im Jahr 2005 reiste Michu zum ersten Mal nach China, um Shaolin Gong Fu bei Meister Due zu erlernen. Er plante, drei Jahre zu bleiben, doch die Zeit war noch nicht reif. Eine falsche Schule, die Umgebung und ein ablaufendes Visum zwangen ihn zur Rückkehr. Dennoch lernte er: Selbst wenn man nach hartem Training kaum noch laufen kann, ist es möglich, nach einem Kilometer wieder zu gehen und später sogar zu joggen.

Er wurde belächelt, weil er nur einen Monat blieb und nicht die geplanten drei Jahre. Doch er ließ sich nicht beirren, denn er wusste, dass seine Zeit noch kommen würde. Er sagte: „Beschreite stets deinen eigenen Weg und stehe zu dem, was du machst, egal was die Leute denken, denn du musst sicher sein, was du tun willst.“

Nach seiner Rückkehr musste Michu erfahren, dass ein Arbeitskollege bei einem schweren Motorradunfall gestorben war. Ein ehemaliger Gewerbeschulkollege erlitt einen Herzstillstand, und zwei weitere Bekannte verstarben ebenfalls. Diese vielen tragischen Todesfälle in einem Jahr brachten ihm die Erkenntnis, dass der Tod allgegenwärtig ist.

 

Zurück in der Schweiz arbeitete Michu weiterhin als Klempner, wo er Raffi kennenlernte. Sie philosophierten über Kampfkunst und das Leben. In dieser Woche entdeckte Michu die Chinasportschule in Bern und ging zum Probetraining. Zufällig war Raffi ebenfalls dort – ein glücklicher Zufall, denn er wurde ein guter Freund und Wegbegleiter. Meister Jing, der die Schule leitete, war ein großartiger Lehrer, der mit seinem Können und seiner Lebensfreude beeindruckte. Die Schule brachte Menschen aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen zusammen, und unter Meister Jings Leitung entstanden viele wertvolle Freundschaften, die Michu auf seinem Weg begleiteten.

 

2006 gründete Michu die Shuiquan Xuexiao (Wasserschule) und begann, offiziell zu unterrichten.

Von da an unternahm er jährliche Trainingsreisen, da er als Freiberufler auf dem Bau arbeitete und mehrere Monate unbezahlte Auszeit nehmen konnte. Eine dieser Reisen führte ihn 2006 nach Griechenland zu Christos Stamatiadis, wo er San Huan Pao Chui und Shaolin Wushu trainierte.

 

2007 zog Michu in einen Wohnwagen nach Thörishaus, um Geld zu sparen. Während des Sommerumzugs, als er das Auto seines Vaters nutzte, hatte er einen schweren Unfall auf der Autobahn. Dieses Ereignis führte ihm eindringlich vor Augen, wie schnell sich in einer einzigen Millisekunde alles verändern kann.

Ende des Jahres reiste er nach Hongkong, um bei Mark Houghton zu trainieren, dem Meisterschüler von Lau Kar Leung, einem der bekanntesten Macher von Eastern-Filmen seiner Zeit. Leider verpasste Michu Lau Kar Leung um eine Woche – es war seine einzige Chance, ihn persönlich kennenzulernen. „Ruhe in Frieden“, fügte Michu später hinzu.

 

Das Training mit Mark Houghton fühlte sich an wie im Film ‘’Die 36 Kammern der Shaolin’’. Michu lernte Hung Gar (Hungquan) und absolvierte intensives Abhärtungstraining. Mark Houghton war ein äußerst strenger Lehrer, der gerne mal mit einem Holzstock zuschlug, bis dieser zerbrach. Doch alles geschah im Rahmen, wie Michu betonte, da er täglich trainieren konnte und keine ernsthaften Verletzungen davontrug.

 

2008 erlebte Michu einen weiteren Wendepunkt durch einen schweren Rollerunfall mit einem dreifachen offenen Unterarmbruch – fast am selben Ort wie zuvor mit dem Auto seines Vaters, doch diesmal auf der Hauptstraße. Nach einer Erholungspause beschloss er, auf den Jakobsweg zu gehen, und legte in 21 Tagen 888 Kilometer zurück. Im selben Jahr reiste er spontan mit zwei Freunden für fünf Wochen nach Wudang. Dort erlernte er Wudang Gong Fu, hauptsächlich bei Meister Chen Shixing, mit einem Fokus auf Baguazhang und Pushing Hands. Während seines Aufenthalts traf er zum ersten Mal einen Schüler von Meister Tang Li Long.

 

2009 hatte Michu genug von den jährlichen Militärdiensten im Botschaftsschutz und wechselte zum Zivildienst. Er arbeitete in Jugendherbergen in Luzern und Baden. Am fast letzten Tag des Zivildienstes rutschte er aus, wodurch es zu einer Refraktur seines Unterarms kam, die zwei weitere Operationen erforderlich machte.

 

2010 wurde für Michu ein intensives Reisejahr. Er reiste zunächst nach Thailand, über den Mekong nach Laos und schließlich nach Indien, wo er Yoga in einem Ashram praktizierte und ayurvedische Massage erlernte. In Indien erlebte er die Widersprüchlichkeit der Kultur: Während etwas als heilig galt, sah er im nächsten Moment, wie Menschen respektlos damit umgingen. Beispielsweise wurden alte Frauen weggestoßen, um den Göttern eine Gabe darzubringen. Michu fand die Offenheit und Vielfalt des Landes faszinierend, doch das Kastensystem und der oft rabiate Umgang stimmten ihn nachdenklich. Das war jedoch nur der Norden Indiens – ihm wurde gesagt, dass der Süden umgänglicher sei.

Ende des Jahres ging Michu für Silvester nach Australien und reiste dann weiter nach Neuseeland. Die vielen Eindrücke und Geschichten, die auf dieser Reise entstanden, prägten ihn tief.

 

2012, zu seinem 30. Geburtstag, fasste Michu den Entschluss, sich jedes Jahr etwas Bewusstes zu schenken. Für dieses Jahr entschied er, keinen Alkohol mehr zu trinken – mit nur drei Ausnahmen, die bis heute Bestand haben.

In dieser Zeit besuchte er An Jian Qiu auf einer Trainingsreise und vertiefte im folgenden Jahr sein Wissen in Xingyiquan und Bajiquan.

Aufgrund anhaltender Schmerzen, die durch seinen Beruf als Klempner verursacht wurden, entschied sich Michu für eine Umschulung zum Verkäufer mit Schwerpunkt auf Beratung und Bewirtschaftung. Gleichzeitig absolvierte er von 2014 bis 2015 eine Ausbildung zum Fitnessinstruktor. Nebenbei begann er in der Migros Clubschule als Taijiquan-Lehrer zu arbeiten.

Der Weg zum Meister

Die Zeit war gekommen, den zweiten Versuch zu starten, um drei Jahre nach China zu gehen und den Weg wahrhaftig zu beschreiten. Im Jahr 2015 begann Michus Abenteuer in Wudangshan bei Meister Tang Li Long. Gleichzeitig begab er sich auf den Mönchsweg, was den idealen Start in diese Richtung markierte.

 

Aufgrund seiner hingebungsvollen Anstrengungen und seines Versprechens, sich für mindestens drei Jahre zu verpflichten, prüfte Meister Tang Li Long ihn mehrmals. Im November desselben Jahres erkannte er Michu als Disciple und Linienhalter an. Michu erhielt den Namen Tang Weizhen und wurde somit Linienhalter der 16. Generation von Wudang Xuanwupai.

Bis 2020 blieb Michu bei Meister Tang. Nach über 8000 Stunden Praktizieren und einer vierjährigen intensiven Ausbildung verfügte er über ein solides Wissen im Wudang Xuanwupai Gong Fu und eine tiefe Verbindung zur Tradition. Er sagte: „Diese Jahre waren wie eine Grundausbildung – jetzt fängt es erst richtig an.“

 

Michu eröffnete seine Schule offiziell unter dem Namen Daomonk Gong Fu, da dieser Name einprägsamer war als Shuiquan Xuexiao. 2021 veröffentlichte er sein erstes Buch, gefolgt von einem Werk, auf das er besonders stolz ist: dem Hua Hu Jing von Laozi im Jahr 2023. Die Veröffentlichung dieses Buches, sein fortwährendes intensives Training, die Integration von Schülern als Coaches und die Anerkennung durch viele als Meister ebneten den Weg, den Titel eines Meisters anzunehmen. Michu sieht dies als Verpflichtung, den Weg weiterhin mit Hingabe und Demut zu gehen.

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